"Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude"
Shalicar wurde 1977 in Göttingen als Sohn jüdischer Eltern aus Persien geboren und zog mit seiner Familie als Jugendlicher in den Wedding, einen Stadtteil Berlins, der heute genauso wie in den 90er-Jahren stark migrantisch geprägt ist. Dort wuchs er inmitten von arabisch-türkischen Gangs auf, betätigte sich als illegaler Graffitisprüher und versuchte sich auch als Rapper, wie in seinem 2010 erschienenen Buch zu lesen ist. 2021 wurde seine Lebensgeschichte in einem Film von Damir Lukacevic erzählt, der nun im Haller Lichtspielhaus lief.
Im Zentrum des Films steht der 16-jährige Soheil. „Das war ich,“ stellte sich der inzwischen 45-jährige Shalicar dem Publikum nach der Aufführung vor. „Ich war ein Jugendlicher, der über sein Jüdischsein eigentlich nichts wusste und zu den harten Jungs im Wedding einfach dazugehören wollte.“ Durch die zahlreichen Nachfragen der Schülerinnen und Schüler wurde bald klar, dass der Film Shalicars Jugenderlebnisse zwar dramaturgisch überzeichnet, aber der Autor stellte klar, dass die Botschaft dieselbe ist wie in seiner Autobiografie: „Armut und Diskriminierung führten zu dieser Parallelgesellschaft, in die ein Jude, das Feindbild vieler Araber, absolut nicht reinpasste. Aber als Migrant gehörte ich genauso wenig zur Mehrheitsgesellschaft. Mit Deutschen hatte ich eigentlich nur in der Rolle von Lehrern und Polizisten zu tun.“
Der teilweise sehr rasant gedrehte Streifen zeigte „den Alltag von Gangs im Wedding“, wie Shalicar erklärte, mit Messerstechereien, Drogenhandel und sogar einem Überfall auf ein Juweliergeschäft. „An dem war ich in Wirklichkeit - anders als im Film dargestellt - nicht beteiligt, aber Kumpels von mir haben das tatsächlich durchgezogen,“ so Shalicar. Er habe Glück gehabt, dass er insgesamt nur ein paar Tage in Untersuchungshaft verbrachte, so der Autor, aber manche seiner Freunde von damals seien viel stärker mit dem Gesetz in Konflikt gekommen.
„Dass ich Drogenkonsum immer abgelehnt habe, hat sicher geholfen, es letztendlich aus diesem Umfeld herauszuschaffen. Anders lief es bei Weggefährten von mir, die teilweise heute noch abhängig sind,“ warnte Shalicar sein jugendliches Publikum. Er selbst hat noch in Berlin studiert und wanderte 2001 nach Israel aus. Nach seinem Wehrdienst dort wurde er Sprecher der israelischen Streitkräfte und arbeitet heute im Bereich internationale Beziehungen für die Regierung seiner neuen Heimat.