Projekt SCORA: Kaufmännische Schule Schwäbisch Hall

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SCORA (Schools Opposing Racism and Antisemitism)

Kaufmännische Schule gegen Antisemitismus engagiert

Als eine von 15 Schulen in Baden-Württemberg ist die Kaufmännische Schule Schwäbisch Hall Teil des Projekts SCORA (Schools Opposing Racism and Antisemitism). Für die Teilnahme an dieser Aktion des Regierungspräsidiums Stuttgart wurde die Schule nun offiziell zertifiziert.

Allen teilnehmenden Schulen aus „The Länd“ wurden bereits vor zwei Jahren Partnerschulen in Israel zugewiesen, mit denen ein Schüleraustausch stattfinden soll. Durch die Corona-Pandemie beschränkte sich das bisher in den meisten Fällen auf Videokonferenzen, so auch im Fall der Haller Kaufmännischen Schule, die mit der Hebrew Reali High School in Haifa eine Partnerschaft einging. Neben einem regelmäßigen Austausch verpflichten sich die teilnehmenden Schulen auch dazu, jegliche Form von Diskriminierung bei sich zu bekämpfen und ihren Schülerinnen und Schülern das jeweilige Partnerland kulturell nahe zu bringen.

Diese Partnerschaft wurde nun auch offiziell bei einer Tagung der Leitungen der beteiligten Schulen bestätigt. An der Akademie für Lehrerfortbildung in Esslingen trafen sich Schulleiterinnen und Schulleiter aus Baden-Württemberg und Obergaliläa, der am Programm teilnehmenden israelischen Region, zur feierlichen Unterzeichnung der Partnerurkunden. Für die Abteilung Schulen des Stuttgarter Regierungspräsidiums nahm Abteilungspräsidentin Claudia Rugart teil, aus Obergaliläa war Landrat Giora Saltz anwesend.

Für die Kaufmännische Schule war Schulleiterin Petra Niederberger nach Esslingen gereist, begleitet von Sarah Geiger, einer der Lehrkräfte, die das Projekt betreuen. Sie trafen dort erstmals in Person Schulleiter Mendy Rabinovitz von der Hebrew Reali High School, mit dem sie bei dieser Gelegenheit gleich den ersten Austausch festzurrten.

Fahrt nach Berlin

Zur Vorbereitung des Schüleraustausches besuchten 23 Schülerinnen und Schüler der Kaufmännischen Schule Berlin, wo sie sich auf die Spuren jüdischen Lebens in der deutschen Hauptstadt begaben. Unter Leitung von Sarah Geiger und Alina Königstedt standen unter anderem ein Besuch des Jüdischen Museums, der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen und des koscheren Restaurants „Hummus and Friends“ auf dem Programm.

Zeitzeugengespräch Eva Erben

Am 27. Februar ging es für knapp 200 Schülerinnen und Schülern, begleitet von 11 Lehrkräften nach Stuttgart in die Liederhalle zum Zeitzeugengespräch mit Eva Erben, einer Holocaust-Überlebenden. Sie berichtete, moderiert von Günther Jauch, am Internationalen Holocaustgedenktag über ihr Überleben. Für viele von uns ein unvergessliches Erlebnis!

Vorführung im Lichtspielhaus mit Interview des Autors

„Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude“ heißt ein autobiografisches Buch von Arye Sharuz Shalicar über seine Jugend im Berliner Stadtteil Wedding. Der deutsch-persisch-israelische Autor schaute sich kürzlich die Verfilmung seines Buches zusammen mit rund 150 Schülerinnen und Schülern des Haller Wirtschaftsgymnasiums im Kino Lichtspielhaus an und stand anschließend für Fragen zur Verfügung.

Shalicar wurde 1977 in Göttingen als Sohn jüdischer Eltern aus Persien geboren und zog mit seiner Familie als Jugendlicher in den Wedding, einen Stadtteil Berlins, der heute genauso wie in den 90er-Jahren stark migrantisch geprägt ist. Dort wuchs er inmitten von arabisch-türkischen Gangs auf, betätigte sich als illegaler Graffitisprüher und versuchte sich auch als Rapper, wie in seinem 2010 erschienenen Buch zu lesen ist. 2021 wurde seine Lebensgeschichte in einem Film von Damir Lukacevic erzählt, der nun im Haller Lichtspielhaus lief.

Im Zentrum des Films steht der 16-jährige Soheil. „Das war ich,“ stellte sich der inzwischen 45-jährige Shalicar dem Publikum nach der Aufführung vor. „Ich war ein Jugendlicher, der über sein Jüdischsein eigentlich nichts wusste und zu den harten Jungs im Wedding einfach dazugehören wollte.“ Durch die zahlreichen Nachfragen der Schülerinnen und Schüler wurde bald klar, dass der Film Shalicars Jugenderlebnisse zwar dramaturgisch überzeichnet, aber der Autor stellte klar, dass die Botschaft dieselbe ist wie in seiner Autobiografie: „Armut und Diskriminierung führten zu dieser Parallelgesellschaft, in die ein Jude, das Feindbild vieler Araber, absolut nicht reinpasste. Aber als Migrant gehörte ich genauso wenig zur Mehrheitsgesellschaft. Mit Deutschen hatte ich eigentlich nur in der Rolle von Lehrern und Polizisten zu tun.“

Der teilweise sehr rasant gedrehte Streifen zeigte „den Alltag von Gangs im Wedding“, wie Shalicar erklärte, mit Messerstechereien, Drogenhandel und sogar einem Überfall auf ein Juweliergeschäft. „An dem war ich in Wirklichkeit - anders als im Film dargestellt - nicht beteiligt, aber Kumpels von mir haben das tatsächlich durchgezogen,“ so Shalicar. Er habe Glück gehabt, dass er insgesamt nur ein paar Tage in Untersuchungshaft verbrachte, so der Autor, aber manche seiner Freunde von damals seien viel stärker mit dem Gesetz in Konflikt gekommen.

„Dass ich Drogenkonsum immer abgelehnt habe, hat sicher geholfen, es letztendlich aus diesem Umfeld herauszuschaffen. Anders lief es bei Weggefährten von mir, die teilweise heute noch abhängig sind,“ warnte Shalicar sein jugendliches Publikum. Er selbst hat noch in Berlin studiert und wanderte 2001 nach Israel aus. Nach seinem Wehrdienst dort wurde er Sprecher der israelischen Streitkräfte und arbeitet heute im Bereich internationale Beziehungen für die Regierung seiner neuen Heimat.

Hintergrund:

Arye Sharuz Shalicar reiste mit dem Film über seine Jugend durch ganz Nordwürttemberg und war teilweise mehrmals täglich bei Vorführungen vor Schülerinnen und Schülern zugegen. Koordiniert wurden die Veranstaltungen von Klaus Kimmerle vom Projekt SCORA (Schools Opposing Racism and Antisemitism) des Regierungspräsidiums Stuttgart. An SCORA nehmen 15 Schulen teil, darunter auch die Haller Kaufmännische Schule. Ziel der Aktion ist sowohl der Kampf gegen Antisemitismus als auch die Partnerschaft mit Schulen in Israel.

Schüleraustausch Haifa März 2023

Im Rahmen des SCORA-Projekts besuchten acht Schülerinnen und Schüler des Wirtschaftsgymnasiums an der Kaufmännischen Schule zum ersten Mal die Partnerschule „The Hebrew Reali School“ in der nordisraelischen Hafenstadt Haifa. Bei angenehmen Frühlingstemperaturen zeigte sich die 250.000 Einwohnerstadt von ihrer besten Seite, sodass die Gruppe innerhalb einer Woche viele wertvolle interkulturelle Erfahrungen sammeln konnte.

Im Zentrum der Israelreise innerhalb des SCORA-Projekts („School opposing racism and antisemitism“) stand für die Jugendlichen die Möglichkeit, einmal am eigenen Leib zu erfahren, was Interkulturalität bedeuten kann. Aus diesem Grund waren die deutschen Jugendlichen bei ihren Austauschschüler*innen in Gastfamilien untergebracht, was ihnen ermöglichte, Land und Leute intensiver kennenzulernen.

Neben der Besichtigung der Partnerschule sowie deren „Bording-School“, in der zukünftige Generäle der israelischen Armee ausgebildet werden, wurde dieser Austausch durch ein vielfältiges Begleitangebot unterstützt, das neben der gemeinsamen Erkundung Haifas unter anderem auch die Besichtigung der Stadt Akkon im Bezirk Galiläa sowie das Kibbutz Lohamei Hagetaot der sogenannten „Ghetto Fighter“ vorsah. Darüber hinaus bestand das Programm aus Wellenreiten und einer gemeinsamen Nacht unter freiem Himmel mit Lagerfeuer. Immer wieder boten sich den Jugendlichen Gelegenheiten, um ganz ungezwungen miteinander ins Gespräch zu kommen und nicht selten verlor man sich in überraschend tiefgründigen Diskussionen.

Wie intensiv die Woche war, zeigte sich am tränenreichen Abschied, der jedoch durch ein Wiedersehen in Deutschland Ende September leichter zu verschmerzen war.

Israelischer Besuch an der Kaufmännischen Schule 2023

Seit 2019 pflegt die Kaufmännische Schule Schwäbisch Hall eine Partnerschaft zur Hebrew Reali High School in Haifa, nun war zum ersten Mal eine Delegation aus Israel zu Gast in Deutschland. Während der Corona-Pandemie war das Projekt noch auf Videokonferenzen beschränkt gewesen, doch in diesem Jahr kam es tatsächlich zum ersten physischen Austausch zwischen den Schulen. Die Gäste aus Israel schafften es nach einem einwöchigen Besuch wenige Tage vor Beginn des Hamas-Angriffs unbeschadet wieder in ihre Heimat zurück.

Die Partnerschaft entstand im Rahmen des Projekts SCORA (Schools Opposing Racism and Antisemitism), das das Regierungspräsidium Stuttgart unter Federführung von Abteilungspräsidentin Claudia Rugart initiiert hatte. Die Schirmherrin ließ es sich deshalb auch nicht nehmen, die israelische Besuchergruppe gemeinsam mit Landrat Gerhard Bauer in einer kurzen Feierstunde persönlich zu begrüßen.

Für die 13 Schülerinnen und Schüler aus Haifa sowie die zwei begleitenden Lehrerinnen Rona Mihalovitch und Hani Gil hatte das Orga-Team der Kaufmännischen Schule ein abwechslungsreiches Programm vorbereitet. So gab es unter anderem ein Kunstprojekt mit der Künsterlin Sabine Barth, bei dem die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler aus Israel und Deutschland zuerst Leinwände selbst bauten und sie dann mit Motiven des Austauschs bemalten. Per Bahn gab es zwei gemeinsame Ausflüge während der Besuchswoche, einmal zum ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, zum anderen zum Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart.

Einen Vormittag in der Schule gestaltete Bernard Zimmerman, dessen Vater Herman Zimmerman als Jude in Deutschland den Holocaust überlebt und über seine Erfahrungen in dieser Zeit bis zu seinem Tod vor einigen Jahren an deutschen Schulen gesprochen hatte. Bernard Zimmerman führt sein Erbe fort und erzählte der deutsch-israelischen Zuhörerschaft von der dramatischen Flucht seines Vaters durch halb Europa, aber auch von dessen Bestreben, für den Rest seines Lebens zur Versöhnung zwischen den Völkern beizutragen.

Auch sportliche Betätigung kam während des Austausches nicht zu kurz. Auf dem Kunstrasen am Schulzentrum West erhielten die israelischen Gäste zusammen mit ihren Gastgeberinnen und Gastgebern eine Einweisung in American Football von den nordamerikanischen Unicorns-Spielern Caleb Schweigart und James Fleurissaint. Außerdem stand eine Einheit Baseball auf dem Spielfeld an der Auwiese auf dem Programm, geleitet vom in den USA aufgewachsenen Bernard Zimmerman.

Die Gäste waren in deutschen Familien untergebracht, was sich auch schon beim Besuch der deutschen Schulabordnung in Israel im März dieses Jahres bewährt hatte. So verbrachten die einzelnen Schülerinnen und Schüler auch Zeit mit ihren Gastfamilien, die teilweise für weitere Ausflüge genutzt wurde. Petra Niederberger, die Schulleiterin der Kaufmännischen Schule Schwäbisch Hall, lud die am Austausch beteiligten Lehrkräfte zu einem Abendessen bei sich zu Hause ein.

Zum Abschied bei einem von Familie Meyer-Benz im Braunsbacher Schloss organisierten gemeinsamen Essen versprach man sich noch gegenseitig, den Austausch im Jahr 2024 weiterzuführen. Ob das nun aufgrund der derzeitigen Krisenlage in Israel möglich sein wird, steht aber leider in den Sternen. Das Interesse auf beiden Seiten ist jedenfalls ungebrochen, und so hofft man auf baldigen Frieden in Israel.

Vortrag Ruth Michel

Am 27. Februar 2024 war Holocaust-Überlebende Ruth Michel zu Gast an der Kaufmännischen Schule. Sie gab Einblicke in ihre Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Nach dem Vortrag hatten die Schüler*innen die Möglichkeit Fragen an Frau Michel zu stellen. 

Zeitungsartikel im Haller Tagblatt (PDF-Datei)

Photos: Ufuk Arslan (Haller Tagblatt)

Vortrag Mendi Rabinowitz

„Wir brauchen eine Zukunftsvision für die Jugend“

Der israelische Pädagoge und Schulleiter der SCORA-Partnerschule (Hebrew Reali School, Haifa) Mendi Rabinowitz [1] berichtete am Dienstagnachmittag, den 06.03.24, im Rahmen des SCORA-Projektes („Schools opposing racism and antisemitism“) in der Kaufmännischen Schule Schwäbisch Hall von den Herausforderungen durch den aktuellen Krieg in Israel und Gaza. Im Rahmen seines Vortrags stellte er sich unter anderem die Fragen, wie man mit dem Verlust von gefallenen Absolvent*innen umgehen muss, ob es während eines Krieges gelingen kann, zwischen Terroristen und einem Volk zu unterscheiden und wie Bildung die Demokratie trotz Krieg langfristig voranbringen und verändern kann. Nach einem 30-minütigen Vortrag endete der Nachmittag in einer offenen Diskussionsrunde.

Zu Beginn stellte Rabinowitz nach einer kurzen Einführung seiner Person klar, dass mit dem 7. Oktober 2023 ein massiver Einschnitt in die Gesellschaft Israels einherging. Der Terroranschlag sei nicht nur ein Angriff gegen das Judentum gewesen, sondern habe der ganzen Zivilisation und Menschheit gegolten. So berichtete er zum einen von einem sehr guten Freund, der seinen Sohn an diesem Tag verloren hat, und von zwölf getöteten Absolvent*innen seiner Schule: „Der Anschlag hat jeden betroffen, denn die Terroristen kamen zu uns nach Hause in unsere Köpfe!“

Mit dem Anschlag einher kam auch ein Wiederaufleben des Hasses und rassistischer Gedanken, denn die arabische Sprache werde seitdem wieder vermehrt in Verbindung mit den Terroristen gebracht, obwohl liberale Städte wie Haifa zuvor durch ein Zusammenleben der Kulturen geprägt waren.

Der Schulleiter stellt sich seitdem die Frage, wie ein friedliches Zusammenleben zwischen Juden, Muslimen und Christen wieder möglich werden kann. Die Lösung dieses Problems sieht er in der Bildung der Jugend. So sei es zum einen wichtig, den jungen Menschen Empathie nahezubringen. Nur wer es schaffe, Perspektivwechsel zu vollziehen, könne Verantwortung für eine funktionierende Gesellschaft übernehmen.

Ein weiteres Bindeglied, das er in diesem Zusammenhang als zweites Lebensziel an sich selbst stellt, ist die Vermittlung von Zukunftsvisionen. Der liberale Kommunalpolitiker fordert deshalb in seinem Vortrag eine Politik, die auf Friedenssicherung setzt, weshalb er sich gleichzeitig von der aktuellen israelischen Regierung distanziert: „Natürlich müssen wir die Terroristen verfolgen, aber wir müssen gleichzeitig darauf achten, dass deren Kinder nicht erneut zu Terroristen werden können. Da sehe ich die Bildung in der Verantwortung, denn kein Kind der Welt kommt als Terrorist auf die Welt. Das ist allein der Sozialisation geschuldet.“ Als Zeitraum nennt er dabei wiederholt eine Phase von 30 Jahren. Weil dieser Prozess des Wandels dabei nicht nur regional erfolgen könne, fordert er die Weltgemeinschaft zum Austausch auf, so schaffe es die Region nicht allein, den Frieden herzustellen.

Zuletzt schließt der Pädagoge mit eindrücklichen Worten: „Opfer fordert auch der Frieden, aber mit Opfer des Krieges sind diese nicht zu vergleichen.“

[1] In Israel ist Mendi Rabinowitz aus Funk und Fernsehen bekannt. So setzt er sich seit vielen Jahren für eine positive Einstellung gegenüber einer vielfältigen Gesellschaft ein und fördert den Austausch zwischen Menschen verschiedener ethnischen Gruppen.

Haller Tagblatt (PDF-Datei)

Filmvorführung: Being a refugee

Gut 160 Schülerinnen und Schüler der Kaufmännischen Schule Schwäbisch Hall schauten sich im Haller Lichtspielhaus den Film „Being a Refugee“ an und hatten hinterher Gelegenheit, mit der Regisseurin Nurit Carmel ins Gespräch zu kommen. Die israelische Filmschaffende, die auch für mehrere Museen in Israel und Deutschland arbeitet, kam im Rahmen des SCORA-Projekts auf Einladung der Kaufmännischen Schule nach Hall. Sie ist derzeit mit ihrem Werk an Schulen in ganz Baden-Württemberg unterwegs.

Unmittelbar vor der Vorführung des Films im voll besetzten Kino wurde es sehr persönlich, denn Nurit Carmel erzählte die Fluchtgeschichte der Familie ihres eigenen Vaters. Diese flüchtete 1938 bei Nacht und Nebel aus Berlin in die Schweiz, nachdem Carmels Großvater von einem befreundeten deutschen Polizisten vorgewarnt worden war, dass er am nächsten Tag deportiert werden sollte. Durch die überhastete Flucht wurde der Vater der Regisseurin, damals sieben Jahre alt, so traumatisiert, dass er sein ganzes Leben lang Probleme mit Dunkelheit hatte. „Bei uns im Haus lagen in allen Zimmern Taschenlampen, damit man in jeder Situation Licht machen konnte,“ erzählte Nurit Carmel.

Auch im Film ging es zunächst um die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Zwei alte Damen kamen zu Wort: Brigitte Kneher, eine inzwischen verstorbene Angehörige der Tempelgesellschaft, die in Palästina geboren wurde und dann in Kirchheim unter Teck wohnte, und Mirjam Bolle, eine holländische Jüdin, die seit den 1940er Jahren in Israel lebt.

Was die beiden Frauen verbindet, ist ein „Gefangenenaustausch“ zwischen der Nazi-Regierung und Großbritannien, das bis zur Gründung des Staates Israel als Mandatsmacht in Palästina fungierte. Die Templer, eine Untergruppe der württembergischen Pietisten, siedelten ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Heiligen Land, so dass Familien wie die von Brigitte Kneher bereits in dritter Generation dort lebten. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden die Templer in Palästina von den Briten interniert.

Etwa zur gleichen Zeit verhaftete die Gestapo Mirjam Bolle in Amsterdam und brachte sie ins Konzentrationslager Bergen-Belsen, wo ihr der sichere Tod drohte. Was sie rettete, war ein „Deal“ zwischen Deutschen und Briten: Für die Abschiebung von rund 1000 Juden aus Konzentrationslagern nach Palästina durften etwa genauso viele Templer von dort nach Deutschland ausreisen. Auf diese Weise fanden Brigitte Kneher und Mirjam Bolle ein neues Zuhause, mussten aber auch mit dem Verlust der alten Heimat zurechtkommen.

Von diesem historischen Ereignis spannte der Film einen Bogen zu aktuellen Fluchtgeschichten, wie sie vor allem in Deutschland und Israel anzutreffen sind. So berichtete eine türkische Familie aus dem deutschen Asyl, wie der Vater nach dem versuchten Militärputsch in der Türkei 2016 ohne Verfahren für mehr als ein Jahr ins Gefängnis gesperrt wurde, nur weil er Anhänger der Hizmet-Bewegung war. Bei Israel lag der Fokus auf Geflüchteten aus Eritrea, die Gewalt und Folter in ihrem Heimatland entkommen wollten und die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten von Abschiebung durch die israelische Regierung bedroht waren. Die tröstende Botschaft des Films war, dass das Gebot der freundlichen Aufnahme von Fremden, das sowohl in der Bibel als auch im Koran vielfach zu finden ist, von vielen Menschen umgesetzt wird.

Bei der abschließenden Fragerunde mit Schülerinnen und Schülern erzählte Regisseurin Nurit Carmel unter anderem, dass die im Film gezeigte Mirjam Bolle am Tag der Vorführung ihren 107. Geburtstag feierte. Spontan erklärte sich der Kinosaal bereit, zu Ehren der Jubilarin „Happy Birthday“ zu singen, was gefilmt und dann sofort per WhatsApp nach Israel geschickt wurde.

Mehr Infos zum Film (PDF-Datei)

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